Ein Quantencomputer bis 2025

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Die drei Sprecher des Quantenbündnisses: (v.l.) Professor Andreas Waag (TU Braunschweig), Professor Piet Schmidt (PTB und LUH) und Professor Christian Ospelkaus (LUH) ©Foto: T. Dubielzig

Leibniz Universität ist Mitglied im niedersächsischen Quantenbündnis

Im "Quantum Valley Lower Saxony" bündeln mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Expertise, um bis 2025 einen Ionenfallen-Quantencomputer zu entwickeln. Die Leibniz Universität Hannover ist mit ihrer führenden Rolle in der Quantentechnologie essentieller Teil des Bündnisses mit der TU Braunschweig, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Albert-Einstein-Institut und dem neu gegründeten DLR-Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik.

Dass Quantencomputer als nächste technische Revolution gelten, liegt an den Quanten-Bits, auch Qubits genannt. Während ein normaler Computer mit Nullen und Einsen rechnet, können Qubits auch alle Zwischenstufen abbilden. Dies bringt bei bestimmten Anwendungen, beispielsweise in der Materialwissenschaft, der Chemie und Pharmakologie, der Optimierung und der Kryptographie enorme Vorteile. Viele Fragestellungen in diesen Bereichen sind auf klassischen Rechnerarchitekturen mit aller heutigen und zukünftig zur Verfügung stehenden Rechenleistung prinzipiell unlösbar und lassen sich erst mit einem Quantencomputer bearbeiten. Auch künstliche Intelligenz kann von den Ressourcen eines Quantencomputers profitieren.

Allerdings ist so ein Qubit extrem sensibel. Sobald es seinen Zustand ungeordnet ändert, ist es als Recheneinheit unbrauchbar. Wie gut ein Quantencomputer ist, entscheidet sich daher an der Fehlerrate der Qubits. Deswegen entwickelt das "Quantum Valley Lower Saxony" einen Ionenfallen-Quantencomputer. Mit Professor Christian Ospelkaus und Professor Piet Schmidt sind dafür weltweit führende Quantenoptik-Experten der Leibniz Universität und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt mit an Bord. Der Ionenfallen-Ansatz verspricht stabile Qubits mit unerreicht geringerer Fehlerrate. Die Qubits bestehen aus Ionen, die freischwebend im Vakuum abgeschottet sind, nur noch von Mikrowellenfeldern und Lasern adressiert. Die Idee für den Ansatz stammt aus der Metrologie, genauer gesagt von optischen Atomuhren. Auch dort isolieren Forschende einzelne Ionen und lesen deren Informationen aus.

Noch gibt es Quantencomputer nur als große, sperrige Laboraufbauten. Selbst wenn es gelingt, die Ionen auf einem kleinen Chip zu fangen, ist der Rest des Labors voll mit Lasern, Steuerung und Vakuumpumpen für wenige Qubits. Im Rahmen des Quantenbündnisses soll jetzt ein großer Schritt nach vorne gemacht werden und so viel wie möglich davon in einem Chip integriert werden. Dann können nämlich skalierbare Verfahren der Mikrofabrikation verwendet werden, um Chips für viele Qubits zu realisieren, die dann die vielfältigen Anwendungen von Quantencomputern in Angriff nehmen können.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Betrieb eines Quantencomputers mit immer größeren Zahlen von Qubits ist aber auch, dass die einzelne Rechenoperation einen möglichst niedrigen Fehler aufweisen muss - denn nur dann lassen sich auch lange Algorithmen mit eingebauter Fehlerkorrektur ausführen. Hier verfügt das Quantenbündnis bereits über eine erfolgversprechende Technologie. Die Forschungsgruppe von Christian Ospelkaus verwendet hierzu eine Methode, bei der die Rechenoperationen durch Chip-integrierte Mikrowellenleiter mit hoher Genauigkeit ausgeführt werden: https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/presseinformationen/detail/news/robuste-rechenoperationen-fuer-den-quantencomputer/. Das Verfahren haben sie an LUH und PTB gemeinsam mit dem Institut für theoretische Physik entwickelt und charakterisiert.

So möchte das Quantenbündnis in den nächsten fünf Jahren einen Quantencomputer realisieren, der mit 50 Qubits viel genauer rechnet als das heute möglich ist, und ohne dass man etwas grundlegend anders machen müsste auch zu tausenden von Qubits und darüber hinaus skalierbar ist.

 

Schwerpunkt Quantenforschung an der LUH

Im Forschungsschwerpunkt Quantenoptik und Gravitationsphysik forschen an der Leibniz Universität mehr als 350 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an aktuellen Fragestellungen des Quantenengineering, der Gravitationswellenforschung, der Präzisionsmessung von Raum und Zeit, Licht und Materie sowie der Entwicklung von Lasersystemen und Atomuhren. Die LUH ist Sprecherin des Exzellenzcluster QuantumFrontiers. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Clusters sind spezialisiert auf quantenmetrologische Ansätze, die sie jetzt zum Bau eines Quantencomputers nutzen. Dadurch wurde QuantumFrontiers zur Keimzelle des neuen Quantenbündnisses in Niedersachsen.

Die QUEST Leibniz Forschungsschule bündelt als interdisziplinäres Netzwerk Kompetenzen aus der Physik, Mathematik sowie den Ingenieur- und Naturwissenschaften, um mit neuen Technologien die Grenzen des Messbaren im Kleinsten wie auch im Größten zu verschieben. Mit dem Hannover Institute of Technology (HITec) steht zudem eine themenübergreifende Forschungsinfrastruktur für Quantentechnologien zur Verfügung.